Beim Ein- und Ausbau des Hinterrads ist nichts schöner als eine Einarmschwinge: Mutter lösen, Rad ab. Reifenwechsel. Rad rauf, Mutter festziehen.
Wer davon jahrelang verwöhnt ist, hat beim Hantieren an der 675-Zweiarmschwinge gerade beim Einbau des Hinterrades keinen Spaß.
Ständig verrutscht irgendwas oder fällt im letzten Moment doch noch herunter. Bei den Street Triple ab Mj. 2013 geht es an der Hnterachse noch enger (passgenauer) zu, was die Sache auch nicht einfacher macht. Ich war entnervt und hatte keine Lust auf das Gefummel und Gefluche mehr.
Den Bremssattelträger an der Schwinge zu fixieren, würde vieles einfacher machen. Beim Einfädeln der Bremsscheibe könnte nichts mehr verrutschen oder herausfallen (Bremsbeläge und/oder Distanzhülsen) und einem den Tag vesauen. Die Bohrungen von Kettenspanner und Bremsankerplatte wären auch immer schon schön in einer Flucht, wenn die Hinterachse durchgeschoben werden soll.
Im rennstreckenbegeisterten 675-Daytona-Forum fand sich eine passende Idee, die ich für meine 13er-Street abgeändert und umgesetzt habe. Das funktioniert für die Street Triple bis incl. Mj. 2012 ebenso.
1. Der rechte Kettenspanner wird ausgebaut.
(Achsmutter lösen, Hinterradbremshebel betätigen und blockieren, Achse nach rechts herausziehen, Achse von der linken Seite wieder durchstecken)
2. Der rechte Kettenspanner bekommt an passender Stelle eine Bohrung (Anreissen, Körnen, Ansenken mit Zentrierbohrer, Bohren mit 3,2 mm oder 3,4 mm).
3. Der Kettenspanner wird wieder auf die Achse aufgeschoben, durch die Bohrung wird der Bremsanker angesenkt.
4. Für das Bohren und Gewindeschneiden am Bremsanker muss dieser ausgebaut werden. Im eingebauten Zustand wollte ich das nicht versuchen.
a) an den Modellen ab 2013 (Brembo): Hinterradbremshebel wieder freigeben, ABS-Sensor lösen, Haltestift der Bremsbeläge nach innen austreiben, Bremsbeläge entnehmen, Hinterachse raus, Hinterrad ausbauen, Hinterachse wieder in die Schwinge einstecken, die beiden Befestigungen der Bremsleitung an der Schwinge entfernen, Bremssattel nach außen von der Ankerplatte abziehen, Bremssattel am Fahrzeug aufhängen, Bremsankerplatte entnehmen und für die nachfolgenden Arbeiten die Bremssattelbefestigungen ordentlich "verpacken"
b) an den Modellen bis incl. 2012 (Nissin): Hinterradbremshebel wieder freigeben, Haltestift der Bremsbeläge entfernen (geschraubt), Bremsbeläge entnehmen, Hinterachse raus, Hinterrad ausbauen, Hinterachse wieder in die Schwinge einstecken, die beiden Befestigungen der Bremsleitung an der Innenseite der Schwinge entfernen, Bremssattel lösen und von der Ankerplatte abziehen, Bremssattel am Fahrzeug aufhängen, Bremsankerplatte entnehmen und für die nachfolgenden Arbeiten die Bremssattelbefestigungen ordentlich "verpacken"
5. In die Bremsankerplatte eine passende Bohrung (Sackloch) einbringen. Ich habe mit 2,4 mm ohne abermaliges Senken gebohrt. Die vom "Anzeichnen" vorhandene Senkung führt den Bohrer ausreichend genau. Weil die Bohrung natürlich winklig sein muss, habe ich einen kleinen Zentrierdorn angefertigt und auf meine Tischbohrmaschine geschraubt. Damit lässt sich der Bremsanker zum Bohren und Gewindeschneiden ordentlich ausrichten.
6. Gewindeschneiden: In das Sackloch wird ein Gewinde M 3 eingebracht. Ich habe die Gewindeschneider dafür in das Bohrfutter der Tischbohrmaschine eingespannt und von Hand geschnitten. Nur eine Notlösung, funktionierte aber ganz ordentlich.
7. Alles gewissenhaft von Spänen säubern
8. Anprobe am Fahrzeug: Bremsankerplatte mit von links durchgesteckter Hinterachse montieren, rechten Kettenspanner aufsetzen, eine Schraube M3x25 durchstecken und in die Bremsankerplatte schrauben. Wenn alles passt: Prima, dann:
9. Kettenspanner wieder abnehmen und die Bohrung für den Schraubenkopf ansenken.
Ich habe dafür einen Flachsenker verwendet. Der hat einen Zapfen (3,4 mm) der in die vorhande Bohrung passt und den Senker damit zentriert. Wichtig: die Senkung muss so tief sein, dass der Schraubenkopf auch bei vorschriftsmäß angezogener Hinterachsmutter (132 Nm) nicht aus dem Kettenspanner hervortritt.
Ich habe dafür beim Senken 2 mm zusätzlich gegeben.
10. Zusammen bauen:
Bremsankerplatte mit dem rechten Kettenspanner an der Schwinge fixieren (so dass der leicht beweglich bleibt), Bremszange samt Belägen montieren, ABS-Sensor montieren, Bremsleitungsbefestigungen anschrauben
11. Hinterrad einbauen (mit oder ohne neuen Reifen):
Hinterradbremsscheibe einfädeln, Kette auflegen, Hinterrad anheben, Hinterachse von der richtigen Seite (rechts) durchstecken
Ergebnis: Schritt 11 ist jetzt alleine, ohne Fluchen und Fummeln, in drei Minuten stressfrei zu erledigen. Ich bin damit zufrieden
Anmerkungen:
1. Es ist wirklich nur eine Bohrung und ein Gewinde erforderlich (anders als auf den Bildern noch zu sehen): die in Fahrtrichtung vordere. Im eingebauten Zustand ist der M3-Schraubenkopf dann nur halb verdeckt. Ihr könnt so jeweils auf einen Blick kontrollieren, ob die M3-Schraube tief genug sitzt.
2. An den älteren Modellen (bis Mj. 2012) sollen auch größere Schrauben (M5 oder M6) verwendet werden können. Das macht zwar das Gewindeschneiden einfacher, gibt aber wegen der größeren Schraubenköpfe unter Umständen Platzprobleme am Kettenspanner. Die M3-Innensechskantschraube passt hingegen selbst an der 2013er prima.
HTH
Bilder zum Text:
Schritt 2
Schritt 3
Schritt 5
Schritte 8-10
Auf den Montagebildern nicht zu sehen:
Ich verwende jetzt ausserdem konische Distanzhülsen am Hinterrad. Die hat unser User grüffelo77 gemacht. Die passen super, sehen gut aus und wiegen fast nicht Bilder davon (und vielen anderen schicken selbst gedrehten und gefrästen Aluteilen) gibt es in seiner Galerie: Appetithäppchen